Die Kästchen

Der siebzehnte Abt predigte über den Sexus. Dabei erzählte er einmal die folgenden Geschichten:

Es war einmal eine Prinzessin, die war sehr klug. Sie wollte daher nur einen klugen Mann zum Mann haben. Also ließ sie sich drei Kästchen machen. Auf das erste Kästchen schrieb sie: "Wer mich öffnet, bekommt Gold". Auf das zweite Kästchen: "Wer mich öffnet, bekommt Seide". Auf das dritte aber schrieb sie: "Wer mich öffnet, bekommt nichts, was er nicht schon hat".

Wer das richtige Kästchen öffnete, sollte sie zur Frau bekommen. Doch wer eines der falschen öffnete, war des Todes.

Im ersten Kästchen lag ein goldener Dolch. Mit dem sollte der, der es öffnete, erdolcht werden. Im zweiten Kästchen lag eine seidene Schnur, mit der, wer es wählte, erdrosselt werden sollte. Ins dritte Kästchen aber legte sie ihr Porträt, als Zeichen ihrer Liebe. "Denn der kluge Mann hat ja meine Liebe schon jetzt, und wenn er sie bekommt, bekommt er nichts, was er nicht schon hat.", meinte sie.

Die Beschriftung der Kästchen war wirklich klug durchdacht. Dennoch halfen die Kästchen der Prinzessin nicht das geringste. Die Prinzessin hatte nicht bedacht, daß sie ziemlich häßlich war und daß das ganze Kästchengetue und die damit verbundene Lebensgefahr auch die letzten etwaigen Freier abschreckte.

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Denn seltsamerweise hat nur Frauenschönheit die Eigenschaft, den Männern - auch den Klügsten - den Verstand zu rauben, sodaß sie bereit sind, sich für den Besitz einer Frau in Lebensgefahr zu begeben. Zwar gibt es Männer, die auch Frauenklugheit durchaus zu schätzen wissen, aber noch nie hat einer dafür sein Leben riskiert.