Die Schule des Schweigens

Einige sagen, das Kloster der Erleuchteten, von dem soviel erzählt wird, könne unmöglich das wahre Kloster der Erleuchteten sein. Es wird dort zuviel geschwätzt, meinen diese. Das wahre Kloster der Erleuchteten, sei die "Schule des Schweigens".

Irgendwo gab es einst eine Schule, in der sie das Schweigen lehrten. Nicht das bedeutungsvolle Schweigen oder das hochmütige, nicht das listige Verschweigen, nicht das gekränkte Schweigen oder das erschrockene Verstummen, nicht das demütige Schweigen oder das Maulhalten, nicht das verstockte und nicht das verlegene Schweigen und nicht das Schweigen dessen, der nichts zu sagen hat.

Sondern es wurde dort gelehrt das ruhige, heitere, sanftmütige Schweigen, das Schweigen, das sich nicht aufdrängt, das weder fragt noch ruft, das einfach ist. Eben das Schweigen.

Diese einfache, heitere Kunst war schwer zu erlernen, da sie aus dem Wissen kommt und aus der Gewißheit.

Auch war die Schule schwer zu finden, denn da sie die Schule des Schweigens war, annoncierte sie nicht und pries sich nicht an, war weder in öffentlichen noch in privaten Verzeichnissen eingetragen noch auf Landkarten verzeichnet.

Wer sie finden wollte, mußte erst eine andere Kunst erlernen: die Kunst des Lauschens. Die Kunst, durch all das Getöse, durch all den Lärm, durch all die Geräusche, das Gebrumme, Gedröhne, Geknatter, Geschwätz, Geschrei, Geheul, Gekreisch, Gestöhne, Gekicher, Gegacker, Gefurze, Gerülpse, Gewieher, Geschnatter, Geplauder, Gehämmer, Geratter, Gesurre, Gesause und Gebrause - durch all das hindurch die Stille zu erlauschen, die um die Schule war.

Wer die Schule gefunden hatte, hatte den schwersten Teil des Kurses schon hinter sich.