Das Spiel

"Da das Leben doch zu Ende geht", wurde Bhin Dhu von einem Schüler gefragt, "sollten wir es da nicht verachten?"

Bhin Dhu antwortete darauf:

Ich kannte einen Mann, der liebte es, ein bestimmtes Spiel zu spielen. Das Spiel verschaffte ihm viel Freude, und er verwandte große schöpferische Energie darauf, sich zu vervollkommnen. Man kann durchaus sagen, daß er das Spiel ernst nahm.

Er nahm es ernst auf eine heitere, gelassene Art, denn es war ja nur ein Spiel.

"Aber würde ich es nicht ernst nehmen", sagte er, "könnte es mir doch keinen Spaß machen. Ein Stümper zu sein, kann doch nicht mein Ziel sein."

Er liebte es auch, mit möglichst guten Partnern zu spielen, und so tat er sehr viel, um anderen zu helfen, sich in der Kunst des Spiels zu vervollkommnen.

"An der schöpferischen Lust der anderen entzündet sich die meine, an meiner Freude entzündet sich die der anderen", sagte er.

Doch auch das Spiel selbst zu vervollkommnen, war ihm ein Anliegen. Er setzte sich für die Abschaffung veralteter Regeln ein und schlug die Einführung neuer vor. Er meinte nämlich, daß einige der Regeln, die sich im Lauf der Zeit entwickelt hatten, der Grundidee des Spiels zuwiderliefen und viele von der Möglichkeit ausschlossen, das Spiel mit Genuß und Meisterschaft zu spielen. Einige hielten aber gerade die Regeln, die er und einige andere beseitigen wollten, für die Grundregeln des Spiels, die auf keinen Fall aufgegeben werden dürften.

So gab es große Auseinandersetzungen, an denen sich mein Freund mit Überlegung und Einsatz beteiligte. Doch ließ er sich von diesen Auseinandersetzungen nie so weit hinreißen, daß ihm darüber die Lust an dem Spiel selbst abhanden gekommen wäre.

Als der Mann erfuhr, daß er aus einem bestimmten Grund nicht mehr an dem Spiel würde teilnehmen können, nahm er das ohne Bedauern hin:

"Es ist schließlich ein Spiel", sagte er. "Alles, was wichtig ist, solange ich mitspiele, wird nicht mehr wichtig sein, sobald ich von dem Spiel aufstehe. Und wenn niemand mehr das Spiel spielen wird, wird auch niemand seinen Untergang bedauern. Aber solange wir das Spiel spielen, wollen wir es bis zum Schluß ernst nehmen und uns daran erfreuen. Dann wollen wir es vergessen."